Ulrich Weiner

Uli in der Schule

Begonnen hat alles mit einer Workbook-Übung im Englisch-Unterricht Klasse 10, einer Listening Comprehension-Aufgabe, in der es u.a. darum geht, dass Handys Depression verursachen können (Mobile phone addiction, in: St. Ashford/R. Hellyer-Jones, M. Horner, Green Line New E2, Band 5, Klett-Verlag, Stuttgart 2008, S. 2). “Alles nicht bewiesen”, hörte ich einige Schüler murmeln. Ich kommentierte diese Einwände nicht, sondern kam statt dessen in der nächsten Stunde mit drei Bildern von Uli: Uli an einer Quelle beim Wasserholen, Uli beim Eisabschlagen vom Wohnwagen, und Uli mit Infusionsnadel im Arm nach der von ihm organisierten Demo in Stuttgart 2009. Ulrich Weiner schöpft frisches QuellwasserDie Schülerinnen und Schüler sollten nun spekulieren, was das für ein Mensch sei, wo er lebe, was er arbeite … Die meisten hielten ihn für einen Wissenschaftler, der unter der Woche im Wald seinen Forschungen nachgeht und am Wochenende zu seiner Familie nach Hause zurückkehrt. Zwei Schülerinnen jedoch kannten ihn bereits aus dem Fernsehen, und nach einigem Überlegen konnte eine von ihnen sogar eine Menge über ihn erzählen. Dann habe ich übernommen, seine Geschichte erzählt und vom Leben im Wald berichtet. Es war mucksmäuschenstill im Klassenzimmer, alle hörten mir zu wie sonst nie, von interessierten Nachfragen abgesehen. Nach nur wenigen Minuten hatte ich eine starke Betroffenheit erzeugt und eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft losgetreten. Da es Ende November war, wollten die Schülerinnen und Schüler einen Adventskalender zusammenstellen, und am 24. sollte es eine Gasflasche geben.

Als ich in der nächsten Stunde in den Klassenraum kam, war dort bereits ein riesiger “Geburtstagstisch” aufgebaut. Es fehlte nur noch die Gasflasche, aber die Schülerinnen und Schüler hatten so viel Geld gesammelt, dass es sogar noch für eine zweite Flasche sowie eine Blechschere gereicht hat. “Uns tut das doch nicht weh, etwas zu geben”, sagten sie. Wie nötig Uli die zweite Gasflasche im Winter brauchte, konnte man zu der Zeit noch gar nicht ahnen! Nun musste alles nur noch rechtzeitig zu Uli gebracht werden, was gar nicht so einfach war, da er oft seinen Standort wechselt, aber es ist mir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gelungen. Ulis Augen wurden immer größer, als ich die Kisten und die Gasflaschen auspackte! So viele liebevoll verpackte Geschenke, und dabei kannten die Schülerinnen und Schüler ihn nicht einmal!

Um das zu ändern, versprach er, zu einem Vortrag in die Schule zu kommen. Im Januar war es so weit. Das Wetter war zum Glück so, dass man problemlos mit dem Auto aus dem Schwarzwald heraus kam, ohne in einer Schneewehe stecken zu bleiben oder den Abhang hinunter zu rutschen. Es war jedoch die Zeit der heftigen Stürme, und Uli hatte seit Wochen nur in diversen Kellern gelebt, in denen er zwar überleben kann, wo ihm aber eine höhere Strahlung, Radon und die Hauselektrik zu schaffen machen. Dementsprechend war seine körperliche Verfassung. Obwohl es bereits Nachmittag war und die Schülerinnen und Schüler schon acht Stunden Unterricht hinter sich hatten, waren sie sehr aufmerksam und lauschten gespannt zunächst seiner persönlichen Geschichte, dann der Schilderung der Gefahren, die uns allen durch Funkanwendungen drohen (hierzu holte er sein Messgerät heraus, um die Strahlung eines DECT-Telefons einmal hörbar zu machen), und schließlich der Zusammenfassung diverser Studien, die diese Gefahren belegen. Die Rückmeldungen, die ich später bekam, waren alle positiv. Alle waren von seiner Persönlichkeit und von der Art des Vortrags sehr angetan, zudem hatten sie viel Neues erfahren. Wer Uli aber schon länger kennt, konnte sehen, wie schwer ihm dieser Vortrag an dem Tag gefallen ist. Er kämpfte sichtlich um seine Konzentration. Als wir schließlich wieder zurück in strahlungsarmer Umgebung waren, lag da nur noch ein Häufchen Elend neben mir auf der Bank. Ich weiß nicht, wie viele Tage er gebraucht hat, um sich von dieser Anstrengung zu erholen. Wenige Tage später ist er jedenfalls wieder in den Wald in ein anderes Funkloch gezogen, wo er sich besser erholen kann. Dort begann dann die heftige Frostperiode mit Temperaturen unter -20°C.

Danke Uli, dass Du trotz all der Leiden hinterher diese Strapazen auf Dich nimmst und uns über die Gefahren der Mobilfunkstrahlung aufklärst!

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