Ulrich Weiner

Flucht aus Deutschland

DNA Strasbourg, 03.01.2012, Region

http://www.dna.fr/edition-de-saint-louis-altkirch/2012/01/03/malade-des-ondes

Sundgau

Er lebt seit mehr als 15 Jahren draußen

Krank von den Wellen

Elektrohypersensibilität, EHS. Es geht um einen Menschen, den elektromagnetische Wellen krank machen, Matthias Moser.

Dieser 42-jährige Deutsche, ein ehemaliger Lehrer, lebt unter einer Plane in der Region Dannemarie, eine der letzten Gegenden, in denen die Strahlung für ihn auszuhalten ist.

Seine Geschichte ist ungewöhnlich und schwer nachprüfbar. Aber eines ist sicher: Matthias Moser hat 12 Jahre Qual in Deutschland hinter sich und schläft seit sieben Jahren draußen im Elsass, auf der Suche nach Zonen, die „weiß“ genannt werden, d.h. Umgebungen, die relativ verschont sind von elektromagnetischer Strahlung, die von Hochspannungsleitungen, Handy-Sendemasten und anderen Sendemasten von Radio und Fernsehen ausgeht. An dem Ort in Dannemarie, wo Matthias Moser seit einigen Monaten unter einer Plane schläft, ist diese kaum vorhanden.

„Ich muss mindestens 120 m von einer elektrischen Leitung entfernt leben.“

Dieser Mann machte sich bereit, dort Weihnachten zu verbringen, als er, nach seiner Darstellung, mit Steinen beworfen wurde. Aus Angst um sein eigenes Leben nahm er also seine Odyssee wieder auf und wanderte zu einem Nachbardorf von Wolfersdorf, wo er mitten auf einem Feld sein Notcamp wieder aufbaute, auch dort in einem Funkloch, in dem die Handys nicht funktionieren.

Matthias Moser verträgt nicht die kleinste Menge elektromagnetischer Strahlung. „Ich muss mindestens 120 m von einer Hochspannungsleitung entfernt leben“, erzählt er, der beim Fernsehen angefangen hat, unter rasenden Kopfschmerzen zu leiden.  “Ich war  23 Jahre alt.” Der Schmerz nahm ständig zu. Und der junge Grundschullehrer wird 1996 obdachlos. Der Teufelskreis nimmt damit aber kein Ende. „Die Landesregierung von Baden-Württemberg wollte keine Funklöcher. Das Leben in Deutschland wurde zu einer richtigen Tortur.“ 2005 überquert er den Rhein in ein weniger verstrahltes Land. Bis 2008 lebt er in seinem Auto. Dann stellt das Sozialamt auf der anderen Seite des Rheines die Sozialhilfe ein. „Keine Mittel mehr, um Treibstoff und Versicherung zu bezahlen.“ Der Mann schweift umher zwischen den Regionen Haut-Rhin und dem Gebiet von Belfort, wobei er mal Ungläubigkeit, mal Mitleid hervorruft. Auch Unruhe. Vor allem im Winter. 2009, als die Temperatur um die -15°C liegt, lässt der Bürgermeister von Bollwiller ihn in ein Krankenhaus zwangseinweisen. Matthias Moser entkommt am nächsten Tag in der Überzeugung, dem Tod entgangen zu sein, einem Krankenhaus, offensichtlich voll von elektronischen Apparaturen.

Ein Dorf ohne Strom und in einem Funkloch

2011 findet er Schutz in Dannemarie. Der Pfarrer beherbergt ihn eine Zeit lang in einer Garage. „Das sind die besten Jahre meines Lebens gewesen.“ Dannemarie sagt ihm zu. „Das ist fast ein Funkloch.“ Das Bürgermeisteramt leiht ihm ein aufmerksames Ohr und geht dabei fast so weit, ihm eine feste Unterkunft anzubieten. Er lehnt ab. Matthias Moser sagt, er könne nicht mehr in einem elektrifizierten Haus leben. Für diejenigen, die es sehen wollen, zieht er drei medizinische Zertifikate hervor, ergiebige seiner Meinung nach, zwei unterzeichnet von deutschen Ärzten, das andere von einem französischen Kollegen.

„Er verweigert völlig die Betreuung“, bekundet Paul Mumbach, Bürgermeister von Dannemarie, der nach dem Überfall Matthias Moser geraten hat, umzuziehen. „Ich glaube, das wäre besser für seine Sicherheit“, rechtfertigt sich der Volksvertreter, der die Behörden angewiesen hat, ihm die soziale Mindestsicherung zukommen zu lassen. Derzeit lebt Matthias Moser von 30 € pro Woche und der Nahrung, die ihm „Freunde“ zukommen lassen.

Gestern Nachmittag traf ihn Christophe Weber, der Bürgermeister von Wolfersdorf, an seiner neuen Campingbehausung, um ihm zu sagen, dass er nichts gegen ihn unternehmen werde, außer sein Leben sei in Gefahr, z.B. durch die große Kälte, dann müsse er seine Verantwortung als Volksvertreter wahrnehmen.

Matthias Moser selbst träumt von „einem Dorf ohne Elektrizität in einem Funkloch, wo die Elektrosensiblen leben können.“ Unerfüllbar? „Nein“, bekräftigt Matthias Moser, „in Italien gibt es ein solches Dörfchen, in der Nähe von Ravenna.“ In Frankreich fordern die in verschiedenen Verbänden organisierten Elektrosensiblen, insbesondere „Robin des toits“, in dem Matthias Moser Ehrenmitglied ist, seit 2010 ein solches Dorf in einem Wald in der Drôme.

Französischer Originaltext von Julien Steinhauser

Übersetzung von Anne®

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